Das Forderungspapier „Versorgungslücken schließen – medizinische Behandlung nach Vergewaltigung sicherstellen“, das auf Initiative des bff (Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe) geschrieben wurde, wird von Doctors for Choice Germany e.V. zusammen mit anderen Organisationen unterstützt.
Forderungen sind eine ganzheitliche Versorgung Betroffener nach sexualisierter und körperlicher Gewalt: es braucht bessere Rahmenbedingungen für die Versorgung Betroffener: Bestandteil davon sind eine bessere Finanzierung, Aufklärung und Schulung von Personal sowie ein Umdenken in Gesellschaft und Gesundheitssystem:
„Wir fordern einen Paradigmenwechsel: eine vertrauliche Spurensicherung allein reicht nicht – betroffene geschlechtssezifischer Gewalt brauchen eine gute medizinische Versorgung.
Die Istanbul-Konvention stellt die ganzheitliche Versorgung nach sexualisierter und körperlicher Gewalt in den Mittelpunkt: gefordert wird darin eine medizinische, rechtsmedizinische, und psychosoziale Versorgung nach Gewalt.
Die medizinische Versorgung von Betroffenen von Gewalt muss insgesamt einen anderen Stellenwert im Gesundheitssystem bekommen. Bei Vergewaltigung und körperlicher Gewalt braucht es bessere Rahmenbedingungen mit ausreichend Zeit, Aufmerksamkeit und Sensibilität
des klinischen Personals sowie die Bereitstellung des erforderlichen Materials wie z. B. Leitfäden zur Befunddokumentation und Spurensichern inklusive Schulung im Umgang mit diesen Unterlagen. Dies funktioniert nicht in hektischen Abläufen bei ohnehin schon überlasteten Strukturen in Kliniken, sondern unabdingbar nur mit standardisierten Prozessen. Für all das braucht es eine gesicherte Finanzierung. Und es braucht ein gesellschaftliches Umdenken und ein Gesundheitssystem, das die Versorgung Betroffener von Gewalt von wirtschaftlichen Kriterien abkoppelt.Forderungspapier „Versorgungslücken schließen – medizinische Behandlung nach Vergewaltigung sicherstellen“; bff, Mai 2022
Die gesetzliche Regelung im SGB V fokussiert allein auf die Spurensicherung. Demgegenüber ist es endlich an der Zeit, die Bedürfnisse von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt – wie in der Istanbul-Konvention gefordert – in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu stellen. Was alle Betroffene nach einem solchen sexuellen oder körperlichen Übergriff eint, ist die Sorge um die eigene Gesundheit. Betroffene haben das Recht auf eine medizinische Versorgung, diese gilt es flächendeckend bereitzustellen. Eine umfassende Erstbehandlung, die gleichwohl eine Befunddokumentation im medizinischen Kontext inkludiert, muss in Kliniken und in niedergelassenen Praxen finanziell abgesichert sein, damit Betroffene diese nicht tragen müssen. Betroffene haben das Recht zu entscheiden, welche Versorgungsangebote sie in Anspruch nehmen möchten und sind entsprechend darüber aufzuklären. Parallel müssen Angebote der vertraulichen Spurensicherung weiter ausgebaut werden. Das Nebeneinander von medizinischer, rechtsmedizischer und psychosozialer Versorgung ist zentrale Voraussetzung dafür, dass Betroffene sich für eine vertrauliche Spurensicherung und ggf. spätere Strafanzeige entscheiden können. Das heißt, es braucht eine Versorgungsstruktur, die ganzheitlich angelegt ist und somit all das umfasst. Der Zugang zu Versorgungsangeboten muss gut erreichbar, traumasensibel, barriere- und diskriminierungsfrei gestaltet sein. Laut Koalitionsvertrag wollen sich die Regierungsparteien dafür einsetzen, Diskriminierungen und Zugangsbarrieren auf dem Weg ins Gesundheitssystem abzubauen und geschlechtsbezogene Unterschiede in der Versorgung zu berücksichtigen. Dazu zählt zentral die medizinische Versorgung nach geschlechtsspezifischer Gewalt.“
Auf der Seite des bff finden Sie neben dem vollständigen Forderungspapier auch die aktuelle Pressemitteilung sowie Fallbeispiele.
Liste der Unterstützer*innen:
- AG „Gesundheit und Geschlecht“ in der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie e.V. (DGMS)
- Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft (AKF) e.V.
- Berufsverband der Frauenärzte e.V.
- Bundesverband der Frauengesundheitszentren e.V.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Feministischer Organisationen gegen Sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen e.V.
- bremer forum frauengesundheit
- Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V. (BfHD)
- Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK)
- DaMigra e.V. – Dachverband der Migrantinnenorganisationen
- Deutscher Ärztinnenbund (DÄB) e.V.
- Deutscher Frauenrat
- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V. (DGPFG)
- Deutscher HebammenVerband e.V. (DHV)
- Doctors for Choice Germany e.V.
- Frauenhauskoordinierung
- Frauen in der psychosozialen Versorgung der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V.
- Lachesis e.V., feministischer Verein zur Förderung von Frauen*gesundheit und ganzheitlicher Heilkunde
- Netzwerk Frauengesundheit Berlin
- Netzwerk Gender in Arbeit und Gesundheit
- pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V. – Bundesverband
- VDÄÄ* – Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte
- ZIF – Zentrale Informationsstelle autonomer Frauenhäuser