In Deutschland wird zu den Methoden des Schwangerschaftsabbruchs an den Universitätskliniken bisher praktisch nicht geforscht. Alle Empfehlungen zu Vorgehen, Medikation, Prophylaxe übernehmen wir aus internationalen Studien und Leitlinien.
Doctors for Choice Germany e.V. unterstützt daher Forschungsvorhaben zum Schwangerschaftsabbruch auf finanzieller sowie ideeller Ebene. Innerhalb der AG “wissenschaftliches Arbeiten” können gemeinsam Ideen für Studien entwickelt und bei der Umsetzung gegenseitig geholfen werden. Auf dieser Seite stellen wir alle wissenschaftlichen Arbeiten, Studien sowie Forschungsvorhaben unserer Vereinsmitglieder sowie geförderte Projekte vor.
Außerdem möchten wir bei der Verbreitung und Vermittlung von Forschungsvorhaben zum Thema unterstützen und freuen uns über die Zusendung aller Arbeiten.
Geförderte Forschungsprojekte
Nach den aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation werden telemedizinisch begleitete Abtreibungen als eine Säule der Versorgungsmöglichkeiten neben der lokalen Versorgung empfohlen.
Seit 2019 können ungewollt schwangere Personen in Deutschland eine telemedizinische Abtreibung über die internationale Organisation Women on Web durchführen. Diese Begleitung findet außerhalb des formalen Gesundheitssystems statt.
Es gibt in Deutschland seit Dezember 2020 auch die Möglichkeit eine telemedizinisch begleitete medikamentöse Abtreibung im regulären Gesundheitssystem durchzuführen. Sie findet unter Einhaltung aller rechtlichen Bedingungen mit dem Modellprojekt „Schwangerschaftsabbruch Zuhause“ statt.
Im formalen Sektor gibt es neben den rechtlichen Rahmenbedingungen aktuell auch zahlreiche praktische Einschränkungen für den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch, die für besonders vulnerable Gruppen wie Jugendliche oder Menschen ohne Aufenthaltstitel von besonderer Bedeutung sind. Dazu können unter anderem die Kosten für eine Abtreibung, logistische Schwierigkeiten – sowohl bezogen auf die Notwendigkeit von mehreren zeitnahen Terminen, als auch auf die geographische Erreichbarkeit dieser Termine -, die Sorge vor Stigmatisierung oder die Notwendigkeit der Geheimhaltung für die persönliche Sicherheit gezählt werden. Teilweise gelten diese Einschränkungen auch bei einer telemedizinisch begleiteten Abtreibung.
In dieser Promotion sollen Einflussfaktoren untersucht werden, aufgrund welcher ungewollte schwangere Personen sich für eine telemedizinisch begleitete Abtreibung innerhalb oder außerhalb des formalen Gesundheitssystems entscheiden.
Promovend*in: Sophie Günther
Universität: Witten/Herdecke
Zur medikamentösen Versorgung von Patient*innen, die einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch im häuslichen Setting (sogenannter „Home-use“) durchführen, existiert in Deutschland nur eine unzureichende Datenlage.
Im Rahmen des geplanten Forschungsprojektes „Standard- und Begleitmedikation bei medikamentösem Schwangerschaftsabbruch im Home-use – Eine nicht-interventionelle Beobachtungsstudie“ möchten wir einen Beitrag zum Schließen dieser Wissenslücken leisten.
Im ersten Schritt der Doktorarbeit soll die übliche klinische Routine der Standard- und Begleitmedikation bei medikamentösem Schwangerschaftsabbruch im Home-use in deutschen allgemeinmedizinischen und gynäkologischen Praxen erfasst werden.
Im zweiten Schritt der Doktorarbeit ist geplant, in zwei bis drei ausgewählten Praxen eine Arzneimittel-Anwendungsbeobachtung bei Patient*innen mit einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch im Home-use durchzuführen. Ergebnisse liegen im März 2025 vor.
Promovend*in: Lea Rikl
Universität: Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie
In der Forschungsarbeit soll es darum gehen zu zeigen, dass chirurgische Schwangerschaftsabbrüche im zweiten Trimenon der Schwangerschaft sicher durchgeführt werden können. Dazu soll in einer retrospektiven Datenauswertung die Komplikationsrate chirurgischer Abbrüche untersucht werden. Diese Daten sollen dann mit der internationalen Literatur verglichen werden. Ziel ist es aufzuzeigen, dass chirurgische Abbrüche auch im zweiten Trimenon sicher sind, um sich evidenzbasiert für einen besseren Zugang zu Versorgung mit Abbrüchen im zweiten Trimenon sowie für eine Wahlfreiheit der Patient*innen für die Methode ihrer Wahl einsetzen zu können. Aktuell gibt es zu diesem Thema keine guten Datenauswertungen für Deutschland.
Promovendin: Gesine Sauer
Die Versorgung von Schwangeren, die in Deutschland eine Abtreibung durchführen lassen möchten wird aktuell vor allem durch Praxen gewährleistet. Die Ausbildung von Assistenzärzt:innen in der Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe findet zu großen Teilen in Krankenhäusern statt. Die Wahrscheinlichkeit, dort die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zu erlernen ist abhängig von der ausbildenden Klinik und von ihrer Leitung. So gaben 59% der Ärzt:innen in der ELSA-Studie an, dass sie keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen, weil diese in der Einrichtung, in der sie arbeiten, nicht angeboten werden. So stellt sich die Frage, wie eine bedarfsdeckende Qualifizierung von Ärzt:innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen möchten, gewährleistet werden soll.
Es soll daher in der Promotion untersucht werden, ob gynäkologischen Abteilungen in deutschen Krankenhäusern mithilfe der nationalen Leitlinie und /oder mit internationalen Leitlinien arbeiten und ob sie sich an der Versorgung ungewollt Schwangerer beteiligen. Die Ergebnisse sollen eine realistische Einschätzung der praktischen Ausbildungsmöglichkeiten zu Schwangerschaftsabbrüchen in Krankenhäusern ermöglichen.
Zudem werden der persönliche Ausbildungsstand der Befragten, sowie die Zeitpunkte an denen sie theoretische und praktische Inhalte zu Abtreibungen erlernt haben, erhoben. Die Ergebnisse der ELSA-Studie zeigen nämlich, dass je früher Ärzt:innen in ihrer Laufbahn mit dem Thema Abtreibungen konfrontiert werden, sie desto wahrscheinlicher und früher dazu neigen, selbst Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
Promovendin: Kim Herbert
Universität: Witten/Herdecke
Forschungsprojekte unserer Mitglieder
Die Verwendung der Papayafrucht als Uterusmodell in sogenannten “Papaya-Workshops” dient der Vermittlung praktischer Kenntnisse der manuellen Vakuumaspiration sowie der Insertion von Intrauterinpessaren. In Deutschland organisieren Medizinstudierende seit 2015 extrakurrikulare Papaya-Workshops für ihre Kommiliton*innen, die von Ärzt*innen des Vereins Doctors for Choice Germany betreut werden. Neben dem praktischen Teil beinhaltet der Workshop auch einen theoretischen Teil zum operativen und medikamentösen Schwangerschaftsabbruch. Ziel der Befragung war, das in Deutschland noch neue Workshop-Format zu evaluieren.
Dafür baten wir Teilnehmende nach dem Besuch des „Papaya-Workshops“ eine Online-Befragung auszufüllen. Der Fragebogen enthielt insgesamt 39 überwiegend geschlossene Fragen.
Die vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit mit dem “Papaya-Workshop” unter teilnehmenden Medizinstudierenden in Deutschland groß ist. Dies deckt sich mit internationalen Erfahrungen: in zahlreichen Ländern wird der Workshop seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt, um praktische Kenntnisse an Mediziner*innen zu vermitteln. Mit der vorliegenden Befragung liegt nun erstmals eine Evaluation des Formats für Deutschland vor.
Autor*innen: Dr. Alicia Baier, Dr. Leonie Kühn
Dieses Poster wurde auf dem DGGG-Kongress 2024 präsentiert.
Alle Promotionsstudierende, die finanzielle Unterstützung bei der Realisierung ihrer Forschungsarbeit benötigen, können sich um ein kleines Promotionsstipendium bewerben. Für mehr Infos und den Link zum Finanzantrag am besten eine Mail an wissenschaftliches-arbeiten@doctorsforchoice.de oder info@doctorsforchoice.de schreiben.
Veröffentlichte Paper und Forschungsarbeiten können unter dem Reiter „Publikationen“ eingesehen werden.