Neue Eskalation der Abtreibungsgegner

Der Prozess Kristina Hänels zeigt zum wiederholten Male, dass die Regierung anscheinend nicht gewillt ist, seriös arbeitende Ärzt*innen vor den Anfeindungen der Fundamentalist*innen zu schützen. Dies betonte auch die Richterin im Gießener Landgericht: Der reformierte Paragraph 219a StGB werde weiterhin von Abtreibungsgegner*innen instrumentalisiert. Die Gerichte könnten sich nicht dagegen wehren, da die Gesetzgebung nun mal diese fehlerhafte und widersprüchliche Neufassung des 219a beschlossen habe. Auch der Staatsanwalt betonte, dass er gezwungen sei, solche offensichtlich niederträchtigen Anklagen zu verfolgen, auch wenn er selbst diese Leute für „komisch“ halte und es juristisch keinen Sinn mache.
Es wirkt wie eine einzige Farce und immer mehr Menschen fragen sich, wann die Politik endlich handelt, um diesem unerträglichen Zustand ein Ende zu setzen.

Doctors for Choice Germany unter Beschuss​

Auch unser neu gegründeter Verein, der sich für die Gesundheit von ungewollt Schwangeren einsetzt, musste unlängst erfahren, dass wir Ärzt*innen schwer unter Beschuss stehen. Wir haben in den letzte Monaten viel Arbeit in unsere Webseite namens doctorsforchoice.de gesteckt. Nun wurde der Name unseres Vereins geklaut und für zwei Webseiten namens doctorsforchoicegermany.de und doctorsforchoicegermany.com verwendet. Gibt man diese Adressen ein, so wird man auf die von Klaus Günther Annen betriebene Seite menschenrechte.online weitergeleitet – ein denkbar unpassender Name für diese holocaustrelativierende, frauenfeindliche und hetzerische Seite. Ähnlich wie auf der ebenfalls von ihm betriebenen Seite babycaust.de versucht er mithilfe von Falschinformationen und Verleumdungen, ungewollt Schwangere von einem Schwangerschaftsabbruch abzubringen. Klaus Günther Annen bildet hier Föten fortgeschrittener Schwangerschaftswochen ab, die bei weitem nicht der von ihm angegebenen, viel niedrigeren Entwicklungswoche entsprechen. Er verwendet Bilder von weinenden Kindern und man fragt sich, ob er hierfür die Bildrechte hält. Er stellt Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, als blutrünstige Mörder*innen dar, und relativiert auf zutiefst abstoßende Weise den Holocaust.

Zentrale Liste wird zum Pranger

Vor allem aber zeigt sich eines: Solange es Störenfriede wie ihn gibt, bleibt die Neuregelung des §219a StGB eine realitätsferne, leere Worthülse. Die Neuregelung sieht nämlich vor, dass die Ärztekammer eine zentrale Liste mit Adressen von Ärzt*innen führt, die Abbrüche durchführen. Auf ihr sind zur Zeit circa 300 Ärzt*innen gelistet; die Eintragung erfolgt auf freiwilliger Basis. Diese Liste soll angeblich eine Alternative für die direkte Informationsweitergabe durch Ärzt*innnen sein. Nun hat Annen die Liste auf die Seite menschenrechte.online kopiert. Nach Postleitzahlen kann man die Ärzt*innen dort suchen. Ihre Telefonnummer, Email-Adresse und Postanschrift erscheint dort neben furchtbaren, blutigen Bildern. Darüber steht der Aufruf, diese Ärzt*innen aktiv zu meiden und sie telefonisch oder per E-Mail zu belästigen.

Es ist also genau das eingetreten, was viele von uns schon lange vorhergesehen hatten – die Liste ist zur „Prangerliste“ geworden. Wie kann unsere Regierung ernsthaft erwarten, dass Ärzt*innen sich auf diese Liste setzen lassen, wenn sie anschließend mit solchen Verleumdungen zu rechnen haben? In Frankreich sind Internetseiten verboten, die die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zu verhindern versuchen. Warum werden in Deutschland rechte Fundamentalist*innen geschützt, nicht aber Ärzt*innen, die ihrer Berufspflicht nachkommen und über einen erlaubten medizinischen Eingriff informieren? Wann wird diese menschenverachtende Hetzerei endlich auch in Deutschland verboten, und nicht mehr die sachliche und seriöse Information von Ärzt*innen?

Wir bitten euch, darauf zu achten, nur die korrekte Adresse unserer Webseite weiterzugeben: doctorsforchoice.de.

Gerne können uns diejenigen Ärzt*innen, die auf der Liste stehen und telefonisch oder per E-Mail von Abtreibungsgegner*innen belästigt wurden, ihre Erfahrungen mitteilen.

 

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