Offener Brief: Schwangerschaftsabbruch während der Corona-Krise

Offener Brief an Einrichtungen und Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Sie führen seit kürzerer oder längerer Zeit Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland durch und wissen um die Komplexität des Ablaufs.

Angesichts der Corona-Pandemie wird der Zugang von ungewollt Schwangeren zum legalen Abbruch akut gefährdet bzw. unmöglich sein,
– als Folge der schon bestehenden oder zu erwartenden Engpässe in Praxen und Kliniken oder vorübergehender Praxisschließungen wegen Quarantäne.
– durch die de facto Ausgangssperre aller BürgerInnen,
– und weil der Schwangerschaftsabbruch als elektiver Eingriff von vornherein abgelehnt werden könnte.

Daher bitten wir Sie, Frauen auch weiterhin zu helfen, und Frauenleben zu sichern:

Vervielfachen Sie ihr Angebot für den medikamentösen Abbruch und setzen Sie sich mit uns für den Homeuse unter telemedizinischer Betreuung ein. Das ist die einfachste, mit den WHO Richtlinien konforme Möglichkeit, Abbrüche medizinisch sicher und „coronasicher“ durchzuführen. Der Homeuse wurde auch in einer Stellungnahme der DGGG bereits als sichere Methode für Deutschland beschrieben.

Nehmen Sie aktiv Kontakt zu den Konfliktberatungsstellen in Ihrem Einzugsgebiet auf und informieren Sie diese zeitnah, ob Sie weiterhin Abbrüche durchführen können, wenn ja, welche Methoden, wie lange und wie die Zugangsmöglichkeit in Ihre Praxis oder Klinik konkret aussieht.

Sorgen Sie dafür, dass chirurgische Schwangerschaftsabbrüche auch weiterhin durchgeführt und als Notfallbehandlung gesichert werden. Der Schwangerschaftsabbruch ist ein Notfall, keine elektive Leistung! Sprechen Sie mit ihren Klinikleitungen und wenden Sie sich an die lokalen bzw. regionalen Gesundheitsämter, damit Ihre Praxen geöffnet bleiben, da Sie eine Notfallleistung im Auftrag des Gesetzgebers durchführen. Natürlich müssen die Praxen auch für die Schwangerenbetreuung und alle anderen Patientinnen zugänglich bleiben!

Klären Sie mit den Versorgungsämtern und Krankenkassen, dass die Kostenübernahmeanträge
online gestellt werden können.

Setzen Sie sich mit uns dafür ein, dass die Konfliktberatung ohne persönlichen Kontakt
in einer Beratungsstelle, sondern in Form einer Videoberatung stattfinden kann. In NRW gibt es bereits einen entsprechenden Erlass des Sozialministeriums und in Hamburg können die Beratungen telefonisch durchgeführt werden. Auch in
Bayern wird die Videoberatung zugelassen. Andere Bundesländer folgen.

Wir sind in Kontakt mit  den Politikerinnen und Politikern. Sie wissen um die Brisanz des Themas und bringen das Thema in die zuständigen Ministerien.

Bitte tun Sie das Ihnen mögliche, um den Frauen weiter zu helfen; sie sind in Gefahr und Not, denn ohne geregelte Abbruchmöglichkeiten werden Frauen wieder zu unsicheren Abtreibungsmethoden greifen. Das müssen wir mit allen Mitteln
verhindern!

Für konstruktive Vorschläge, Ergänzungen oder Kritik wenden Sie sich gerne an uns!

Im Namen von vielen ÄrztInnen und BeraterInnen aus Deutschland,
mit kollegialen Grüßen

Christiane von Rauch
Ärztin für Allgemeinmedizin i.R.
Vorsitzende Prochoice Deutschland e.V.
c.v.rauch@gmx.net

Dr. med. Alicia Baier
Vorsitzende Doctors for Choice Germany e.v.
info@doctorsforchoice.de

Dörte Frank-Bögner und Stephanie Schlitt im Namen des
Bundesvorstandes von pro familia e.V.

Berlin,
21.03.2020

*

Offener Brief: Schwangerschaftsabbruch während der Corona-Krise
Nach oben scrollen