Zu der im Bayerischen Landtag von einem AfD – Abgeordneten initiierten Diskussion der „Richtlinie für die Familien- und Sexualerziehung“, in der das bayerische Kultusministerium einen jährlichen „Aktionstag für das Leben“ an allen weiterführenden Schulen vorsieht, nehmen wir im Folgenden Stellung.
Doctors for Choice Germany e.V. ist ein deutschlandweites Netzwerk von Ärzt*innen, Medizinstudierenden, Menschen aus weiteren medizinischen Berufen sowie Jurist*innen, die einen selbstbestimmten Umgang mit Sexualität, Fortpflanzung und Familienplanung sowie Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft fordern. Wir arbeiten gesundheitsorientiert, evidenzbasiert und feministisch und lehnen jede Benachteiligung aufgrund von Sexualität und Geschlecht ab. In diesem Zusammenhang legen wir ein besonderes Augenmerk auf die Sexualerziehung, und hier speziell auf den Themenkreis Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch.
Die Richtlinie, welche bereits 2016 implementiert wurde, widerspricht unseren oben genannten Grundsätzen und treibt eine antifeministische Politik, in der eben kein selbstbestimmter Umgang mit Reproduktion, Familienplanung und dem eigenen Körper möglich sein soll, voran. Sie unterstützt dabei konservative und extrem Rechte, deren Ziel es seit Jahren ist, unter dem Vorwand „Schutz des ungeborenen Lebens“ und „Zurück zur natürlichen Ordnung“ das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Mädchen einzuschränken.
Schüler*innen haben das Recht auf eine politisch unabhängige, wertfreie und umfangreiche Sexualaufklärung. Informationen über (ungewollte) Schwangerschaft und einen sicheren Schwangerschaftsabbruch in den Schulen sollen laut UN-Frauenrechtskonvention in normativer Hinsicht neutral, evidenzbasiert und wissenschaftlich korrekt sein. Neutralität und Wertfreiheit sind jedoch in den Richtlinien nicht zu erkennen, im Gegenteil, ein solcher „Aktionstag für das Leben“ leistet der Tabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs und der Stigmatisierung ungewollt Schwangerer Vorschub.
Wir sehen nach wie vor gravierende Defizite in der gesellschaftlichen Akzeptanz von Schwangerschaftsabbrüchen und der medizinischen Versorgung von Schwangeren, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen. Daher wenden wir uns gegen alle Versuche, diese Tabuisierung und Stigmatisierung zu verschärfen.
Wir fordern das bayerische Kultusministerium auf, den jährlichen „Aktionstag für das Leben“ aus den Richtlinien zu entfernen und stattdessen einen selbstbestimmten Umgang mit Sexualität und Fortpflanzung durch gendergerechte, wertfreie und medizinisch fundierte Sexualaufklärung zu fördern.
Diese Stellungnahme schrieben die beiden Ärztinnen Christiane von Rauch und Jelena Kriszt im Namen von Doctors for Choice Germany e.V.