Prozess Kristina Hänel

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat gestern im Fall von Kristina Hänel entschieden: die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen wurde verworfen. Das Urteil nach §219a wegen „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ ist nun also rechtskräftig. Im Beschluss selbst heißt es: „Mit der Ergänzung des §219a StGB hat der Gesetzgeber jedenfalls im praktischen Ergebnis auch die bloß sachliche Information über das „Ob“ und Wie“ unter Strafe gestellt.

Dieses Gerichtsurteil zeigt erneut, warum der Paragraph §219a so problematisch ist. Er verhindert keine Werbung, sondern ärztliche Aufklärung und sachliche Information. Er verhindert, dass ungewollt Schwangere einfach und niederschwellig Zugang zu wichtigen Informationen erhalten. Er erschwert es ihnen unnötig, eine*n Ansprechpartner*in, eine*n behandelnden Arzt oder Ärztin zu finden.

Kristina Hänel selbst legt nun Verfassungsbeschwerde ein. Wir stehen hinter dir, Kristina, und wünschen dir alles Gute und viel Durchhaltevermögen!

Der Beschluss des OLG Frankfurt ist da. Meine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen wurde verworfen. Das Urteil nach „219a StGB wegen „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ ist jetzt rechtskräftig. Nun werden wir Verfassungsbeschwerde einlegen.

Ein wichtiger Satz im Beschluss lautet: „Mit der Ergänzung des §219a StGB hat der Gesetzgeber jedenfalls im praktischen Ergebnis auch die bloß sachliche Information über das „Ob“ und Wie“ des Schwangerschaftsabbruchs gemäß §219a Abs. 1 StGB unter Strafe gestellt. Hier wird darauf Bezug genommen, dass durch die Ergänzung, die Teil des Kompromisses der großen Koalition war, explizit jede sachliche Information unter Strafe gestellt wird. Es kommt also überhaupt nicht mehr darauf an, ob die Informationen anbietenden Charakter haben oder nicht. Sie sind grundsätzlich verboten, wenn sie von Fachleuten, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ausgehen. Jeder Laie darf weiterhin über Schwangerschaftsabbrüche Informationen und darüber hinaus auch Fehlinformationen verbreiten.

In diesem Jahr wird mit dem §218 der Abtreibungsparagraph 150 Jahre alt, sein Anhängsel, der §219a, erst 88. In anderen Ländern wie Irland, Argentinien, Südkorea werden die Gesetzt liberalisiert, nirgends sonst gibt es einen Strafrechtsparagraphen, der sachliche Informationen verbietet. Angesichts der großen Probleme, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, scheint es zunehmend absurder, an diesem unsäglichen Relikt festzuhalten, in dem nur noch verbohrte Fundamentalist/innen irgendeinen Sinn erkennen können. Eine Gesetzgebung, die ärztliche Aufklärung und Information verbietet, aber „fake news“ zum Thema ungestraft zulässt, lässt jegliche Rationalität vermissen. Sie trifft uns angeklagte und verurteilte Ärzt/innen direkt ins Mark unseres Berufsverständnisses, die wir „informed consent“ zur Maxime unseres Handelns gemacht haben. Zugleich ist es eine eklatante Beeinträchtigung für die Betroffenen mit oft gravierenden Folgen, da die Versorgungslage gerade in Pandemiezeiten immer schwieriger wird.

Kristina Hänel, Presseerklärung zum Beschluss des OLG Frankfurt vom 15.1.2021

Da Kristina Hänel nun die Informationen zum Schwangerschaftsabbruch von ihrer Webseite entfernen muss, weisen wir im Folgenden auf weitere Webseiten hin, wo Informationen zum Schwangerschaftsabbruch zu finden sind. Menschen, die keine Abbrüche durchführen, können ohne Risiko über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Teilt diesen Link also gerne oder veröffentlicht die Informationen selbst.

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