2 Jahre „Doctors for Choice“ – ein Rückblick

Wir feiern Jubiläum: 2 Jahre Doctors for Choice Germany!!!

Deutschland im 21. Jahrhundert beim Thema Schwangerschaftsabbruch: Kriminalisierung, Anzeigen gegen Ärzt*innen, Versorgungsnotstand, unzureichende medizinische Aus- und Weiterbildung, Mythen in Medizin und Gesellschaft, Stigmatisierung, Tabuisierung, Anfeindungen durch Abtreibungsgegner*innen… Die Liste ließe sich beliebig weiter führen. Wir wollten das nicht mehr hinnehmen, sondern uns in unserer Verantwortung als Mediziner*innen für eine bessere und geschlechtergerechtere Gesundheitsversorgung zusammentun. Einige Einzelpersonen sowie ärztliche und studentische Gruppierungen waren schon vor unserer Gründung aktiv gewesen, aber ein deutschlandweiter Verein würde die Vernetzungsmöglichkeiten verbessern und die unterschiedlichen Stimmen kraftvoll zusammen bringen. Und so gründeten wir nach monatelanger Vorbereitung im November 2019 unseren Verein. Organisationen mit dem Namen „Doctors for Choice“ gab es bereits in einigen anderen Ländern, wie Großbritannien, Irland oder global. Wir wollten uns dieser internationalen Bewegung anschließen und wählten somit denselben Namen. Ein „eingetragener Verein“ und „gemeinnützig“ sind wir erst seit Ende Januar 2020 – also vor 2 Jahren. Dieses Jubiläum nehmen wir zum Anlass, um auf die letzten beiden Jahre von Doctors for Choice Germany e.V. zurück zu blicken.

  • Seit unserer Gründung sind wir auf über 130 Mitglieder gewachsen.
  • Wir konnten bereits einige spannende größere Projekte initiieren: unsere Fortbildungsakademie (mit von der Ärztekammer zertifizierten Online-Fortbildungen), die Aufklärungskampagne „Mehr als du denkst – weniger als du denkst“ (mit Zahlen und Statistiken zum Schwangerschaftsabbruch) oder das erfolgreiche Pilotprojekt „Schwangerschaftsabbruch Zuhause“ (ein Angebot für einen telemedizinisch begleiteten medikamentösen Schwangerschaftsabbruch). Wir regten umfassende Nachbesserungen der Lernkarte zum Schwangerschaftsabbruch auf der Online-Lernplattform Amboss an.
  • Wir hielten zahlreiche Redebeiträge auf Demonstrationen und Kundgebungen. Auf vielen tollen Veranstaltungen durften wir sprechen oder diese mitgestalten: Podiumsdiskussionen, Vorträge, Papaya-Workshops sowie Fortbildungen online und vor Ort. So manche interne oder externe Veranstaltung haben wir selbst organisiert. Wir richteten unsere Forderungen für eine bessere Aus- und Weiterbildung und Versorgungslage u.a. an Politiker*innen, Fachgesellschaften, das Gesundheitsministerium und die Ärztekammern.
  • Wir haben Stellung bezogen, zum Beispiel zu Schwangerschaftsabbrüchen während der Corona-Pandemie, zum Vorschlag des baden-württembergischen Sozialministeriums gezielt Ärzt*innen einzustellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, zur Weiterbildungsordnung für Ärzt*innen, zum erschwerten Zugang zu Cytotec®, zum Gesetzesentwurf des Bundesjustizministerium.
  • Und wir haben viel Energie in Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gesteckt: in knapp 100 Pressebeiträgen haben wir in den letzten beiden Jahren ausführlich über den Schwangerschaftsabbruch aufgeklärt und auf den Handlungsbedarf in der aktuellen Versorgungskrise hingewiesen. In den Sozialen Medien informierten wir unserer Follower*innen über aktuelle Entwicklungen. Vor allem haben wir versucht, eine sachliche, gesundheitsorientierte und feministische ärztliche Stimme in den oft vorurteilsbelasteten, moralisierenden Diskurs zum Schwangerschaftsabbruch einzubringen.

Als junger Verein sind wir teilweise noch in der Findungs- und Strukturierungsphase. Wir wollen uns als Team – im Vorstand, aber auch im Verein allgemein – noch besser einspielen, Strukturen und Themenfelder weiter entwickeln. Das Pandemiegeschehen hat dies definitiv nicht leichter gemacht. Auch wenn die Online-Zusammenarbeit viele Vorteile mit sich bringt, wie der niederschwellige Einstieg für Mitglieder bundesweit, fehlt uns der analoge Austausch, die Vernetzung und das Kennenlernen in lockeren Zusammenschlüssen. Wir schauen deshalb gespannt und hoffnungsvoll auf die kommenden Jahre. So findet im April unsere 4. Mitgliederversammlung statt und diese soll zum ersten Mal analog erfolgen.

Dass wir in so kurzer Zeit so schnell wachsen und so viele konkrete Projekte umsetzen würden, hätten wir uns in der Gründungsphase nie ausmalen können. Unsere Forderungen haben es zum Teil in den Koalitionsvertrag geschafft, und als Teil einer neuen, queerfeministischen Gesundheitsbewegung erzeugen wir Stück für Stück gemeinsam mit anderen jungen Initiativen einen spürbaren Wandel in der Medizin. Wir sind überwältigt von dem Feedback, von der Unterstützung und dem Zuspruch, den wir in den letzten beiden Jahren erhalten haben, und neugierig, welche weiteren Möglichkeiten und Themenfelder noch auf uns zukommen werden.

Klar ist auf jeden Fall: das ist nur der Anfang von Doctors for Choice Germany e.V.. Unsere Vision von einer gerechten Welt, in der alle Menschen über ihre Reproduktion und Familienplanung selbst entscheiden dürfen, ihre Sexualität frei ausleben können, und auf niederschwellige, wohnortnahe Unterstützungsangebote und medizinische Beratungen und Behandlungen jederzeit zurückgreifen können, bleibt. Wir haben noch viel vor!

Text: Leonie Kühn und Alicia Baier

2 Jahre „Doctors for Choice“ – ein Rückblick
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